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DSK Positionspapier zur Unzulässigkeit von Videoüberwachung aus Fahrzeugen (sog. Dashcams)

Stand: 28.01.2019

Dashcams werden auch in Deutschland in immer mehr Fahrzeugen eingesetzt, zumeist um im Falle eines Unfalls den Hergang nachvollziehen und das Video gegebenenfalls als Nachweis bei der Regulierung von Schadensfällen und der Klärung von Haftungsfragen heranziehen zu können. Dabei wird üblicherweise das gesamte Umfeld aufgenommen, ohne dass eine Verpixelung von Personen oder Kennzeichen anderer Fahrzeuge erfolgt.

Der Einsatz solcher Kameras ist datenschutzrechtlich kaum zulässig.

Soweit mit den Dashcams in öffentlich zugänglichen Bereichen gefilmt wird und als Hauptzweck der Aufnahmen die Verwendung von Filmaufnahmen zur Dokumentation eines etwaigen Unfallhergangs angegeben wird, ist der Einsatz – auch wenn die Kameras von Privatpersonen eingesetzt werden – an Art. 6 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe f Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO), zu messen. Danach ist die Verarbeitung personenbezogener Daten nur zulässig, soweit dies zur Wahrung berechtigter Interessen von Verantwortlichen oder Dritten erforderlich ist und sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen. Das bedeutet, die Interessen des Verantwortlichen, der eine Dashcam einsetzt, sind mit den Interessen der davon Betroffenen abzuwägen. Eine entscheidende Rolle spielt dabei jeweils der Einsatzzweck.

Die genannten Voraussetzungen sind jedenfalls bei einer permanenten anlasslosen Aufzeichnung des Verkehrsgeschehens nicht erfüllt, da diese Betriebsform zur Wahrung der Beweissicherungsinteressen nicht erforderlich ist und die schutzwürdigen Interessen betroffener Personen, zumeist unbeteiligter Verkehrsteilnehmer, überwiegen. Letztere können sich insbesondere auf ihr Grundrecht aus Art. 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union berufen. Danach hat jede Person das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten. Dies umfasst das Recht des Einzelnen, sich in der Öffentlichkeit frei zu bewegen, ohne befürchten zu müssen, ungewollt und anlasslos zum Objekt einer Videoüberwachung gemacht zu werden. Dauerhaft aufzeichnende

Dashcams erheben permanent und ohne Anlass personenbezogene Daten, wie Kennzeichen der anderen Verkehrsteilnehmer sowie Personen, die sich in der Nähe einer Straße aufhalten, so dass eine Vielzahl von Verkehrsteilnehmern von der Verarbeitung personenbezogener Daten betroffen ist, ohne dass sie von der Überwachung Kenntnis erlangen oder sich dieser entziehen können. Das Interesse des Autofahrers als datenschutzrechtlich Verantwortlicher, für den Fall eines Verkehrsunfalls Videoaufnahmen als Beweismittel zur Hand zu haben, kann diesen gravierenden Eingriff in das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten der anderen Verkehrsteilnehmer nicht rechtfertigen.

Zudem muss auch bei einer Videoüberwachung mittels Dashcam der Verantwortliche sicherstellen, dass er die betroffenen Personen gemäß Art. 12 ff. DS-GVO auf die kameragestützte Verarbeitung personenbezogener Daten transparent hinweist, auch wenn dies gerade bei fahrenden Fahrzeugen in praktischer Hinsicht Schwierigkeiten aufwirft.

Auch wenn der Bundesgerichtshof in der Entscheidung vom 15. Mai 2018 – VI ZR 233/17 – eine Beweisverwertbarkeit von Aufnahmen im Zivilprozess nicht verneint, betont er gleichzeitig, dass der anlasslose Einsatz von dauerhaft aufzeichnenden Dashcams datenschutzrechtlich unzulässig ist. Eine Ausnahme kann danach überhaupt nur in Betracht kommen, wenn (technische) Möglichkeiten zum Einsatz gebracht werden, die sicherstellen, dass eine Kamera lediglich kurzzeitig anlassbezogen aufzeichnet. Auch hier sind die Informationspflichten nach Art. 12 ff. DS-GVO zu berücksichtigen.

Folglich können die Aufsichtsbehörden – unabhängig von der Verwertbarkeit im Zivilprozess – Verbote aussprechen und empfindliche Bußgelder verhängen. Diese Bußgelder können den finanziellen Vorteil, der in einem Zivilprozess erstritten wird, unter Umständen wieder aufheben.