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Bewertungsportale – Fluch oder Segen?!

Bewertungsportale

Das Internet ist mitunter Fluch und Segen zugleich. Und das gilt auch für Bewertungsportale, die zunehmend zum Schauplatz hitziger Diskussionen werden – wie die Eingabezahlen bei der Landesbeauftragen für Datenschutz und Informationsfreiheit NRW zu diesem Thema zeigen.

Wenn es darum geht, ob eine negative Bewertung gerecht oder ungerecht ist, schlagen die Emotionen hohe Wellen. Und letztlich gipfelt der Disput dann in der Frage: Darf der Autor der Bewertung das? Und wie kann man sich gegen Bewertungen wehren?

Welche Bewertung hingenommen werden muss:

Von Handwerker*innen bis zu Ärzt*innen, von Professor*innen bis zu Selbständigen, die sich im Internet präsentieren und auf Positivbewertungen hoffen – jene, die mit ihrer Arbeit oder Dienstleitung in der Öffentlichkeit stehen, müssen auch eine öffentliche Bewertung hinnehmen. Diese Bewertung ist in der Regel durch die im Grundgesetz verankerte Meinungsfreiheit gedeckt.

Dieser Grundsatz gilt auch für Bewertungen, die von anonymen Autoren vorgenommen werden. Gleichzeitig sind die Betreiber von Bewertungsportalen grundsätzlich nicht verpflichtet, die Identität des Autors preiszugeben – sonst würden sie nämlich selbst gegen Datenschutzrecht („Gesetz über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien“) verstoßen. Eine Ausnahme gilt hier, wenn der Inhalt der Bewertung gegen strafrechtliche Normen – zum Beispiel bei übler Nachrede, Verleumdung oder Beleidigung – verstößt. Für diesen Ausnahmefall bedarf es wiederum einer richterlichen Anordnung zur Preisgabe der Identität des anonymen Autors.

Beispiel:

Ein Fliesenleger aus dem Münsterland hat volle Auftragsbücher und konnte einen Auftrag nicht umgehend bearbeiten. Das schien dem Kunden nicht gepasst zu haben, denn anschließend musste der Fliesenleger auf einem Bewertungsportal lesen: „Unglaublich! Ich musste zwei Monate warten, bis er meine Küche gefliest hat! Kann ich nur von abraten!“ Der Fliesenleger ärgerte sich, musste die Bewertung aber hinnehmen, weil der Kunde tatsächlich zwei Monate warten musste.

Welche Bewertung nicht hingenommen werden muss:

Bewertungen, die personenbezogene Daten beinhalten, können gegen die Datenschutz-Grundverordnung oder andere Datenschutz-Gesetze verstoßen. Es muss also zum Beispiel nicht hingenommen werden, wenn in Portalen die private Adresse oder Telefonnummer veröffentlicht werden, die nicht mit der beruflichen Stellung in Verbindung stehen.

Ebenso nicht hingenommen werden müssen Beleidigungen oder Schmähungen. Denn: Die Meinungsfreiheit muss gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht abgewogen werden. Zudem muss die Bewertung auch das sonstige Zivil- und Strafrecht beachten und darf selbst nur wahre Tatsachen nennen. Finden sich Beleidigungen, Bedrohungen, Verleumdungen oder üble Nachrede in der Bewertung, dann ist das kein Fall für den Datenschutzbeauftragten mehr, sondern unter Umständen für den Staatsanwalt.

Beispiel:

Der Fliesenleger aus dem Münsterland musste feststellen, dass die erste Bewertung offenbar weitere Kunden zu Bewertungen motivierte. In einer zweiten Bewertung wurde geschrieben, er habe einen falschen Fliesenkleber genutzt, deswegen seien alle Fliesen nach kurzer Zeit locker gewesen. In einer dritten Bewertung wurde seine private Adresse veröffentlicht und anonym geschrieben: „Das ist ein Trottel, fahrt da mal vorbei, dann könnt ihr sehen, dass der nicht alle Latten am Zaun hat.“ Dagegen kann sich der Fliesenleger wehren.

Wie man sich gegen Bewertungen wehren kann:

Hält man eine Bewertung für ungerechtfertigt, kann man in einem ersten Schritt die Bewertung kommentieren. Das ist die schnellste und einfachste Möglichkeit, für eine Klar- oder Richtigstellung zu sorgen und dem Leser eine andere Perspektive auf den Fall zu bieten. Aber Vorsicht! Der Kommentar darf selbst nicht gegen Datenschutzrecht oder anderes Recht verstoßen.

Beispiel:

Der Fliesenleger aus dem Münsterland hat auf die zweite Bewertung reagiert, indem er in einem Kommentar zur Bewertung das Material der Fliesen, des Untergrunds sowie den verwendeten Fliesenkleber veröffentlichte. Damit konnte er darlegen, dass die lockeren Fliesen eine andere Ursache haben mussten als die Wahl des Klebers.

In einem weiteren Schritt kann man sich bei den Betreiber*innen des Portals beschweren. In der Regel verfügen solche Portale über eine entsprechende Funktion.

Beispiel:

Der Fliesenleger aus dem Münsterland hat den Betreiber des Portals angeschrieben und um Namen und Anschrift der Autoren gebeten. Das Portal hat mit dem Hinweis auf den Datenschutz allerdings abgelehnt, die Daten herauszugeben.

Auf zivilrechtlichem Wege kann eine Löschung der Bewertung angestrebt werden, wenn darin zum Beispiel falsche Tatsachen behauptet werden. Sogar strafrechtlich verfolgt werden kann der Autor, sollte seine Bewertung Beleidigungen usw. enthalten. Der juristische Weg ist aber meist langwierig und bietet ungewisse Erfolgsaussichten, weil die Betreiber*innen der Portale häufig im Ausland sitzen und die Autoren der Bewertungen meist anonym bleiben.

Beispiel:

Der Fliesenleger aus dem Münsterland ist schließlich zum Anwalt gegangen und hat Anzeige gegen den Autor der dritten Bewertung wegen Beleidigung erstattet und zivilrechtlich die Löschung des Eintrags beantragt. Vor Gericht bekam er Recht, unter anderem musste der Eintrag gelöscht werden.

Werden in der Bewertung mutmaßlich unrechtmäßig personenbezogene Daten verarbeitet, gibt es auch noch die Möglichkeit, sich bei den Datenschutzaufsichtsbehörden zu beschweren. Richtet sich die Beschwerde gegen die Betreiber*innen des Bewertungsportals, ist die Datenschutzaufsicht am Geschäftssitz des Unternehmens zuständig; sie kann aber auch bei jeder anderen Datenschutzaufsicht innerhalb Deutschlands oder der EU eingelegt werden. Dabei erwartet die Datenschutzaufsichtsbehörde von der bewerteten Person in der Regel, dass sie selbst schon tätig geworden ist, also zum Beispiel versucht hat, die Bewertung von den Portal-Betreiber*innen löschen zu lassen.

Beispiel:

Der Fliesenleger aus dem Münsterland hätte gegen die dritte Bewertung auch vorgehen können, wenn sie keine Beleidigung enthalten hätte, sondern nur seine private Adresse. Dann hätte zum Beispiel auf eine Beschwerde hin die Datenschutzaufsicht tätig werden können.

Wie man sich nicht gegen Bewertungen wehren darf:

Auch wenn die Bewertung ungerecht oder falsch sein sollte – oder sogar gegen Gesetze verstößt: Die Kommentierung der Bewertung sollte selbst nicht gegen das Recht verstoßen. Was für die Bewertungen gilt, gilt also gleichzeitig umgekehrt auch für die Kommentierung von Bewertungen: keine personenbezogenen Daten, keine falschen Tatsachenbehauptungen, keine Beleidigungen, Schmähungen usw. Ein „No go“ sind zum Beispiel Mediziner*innen, die sich ungerecht bewertet fühlen und darauf in einem Kommentar gesundheitliche Daten von Patient*innen veröffentlichen, die eine Bewertung der medizinischen Leistung abgegeben hatten.