Die Klimakrise macht erfinderisch. Unternehmen gehen teilweise dazu über, durch Wärmebilder von Häuserfassaden zu prüfen, wo noch Potenzial zum Energiesparen existiert. Und sie erstellen Wärmelandkarten, um Hauseigentümer*innen von ihren Angeboten für energetische Sanierungen zu überzeugen. Dabei dürfen jedoch die Rechte der Nachbar*innen nicht vergessen werden, betont die Landesdatenschutzbeauftragte in NRW, Bettina Gayk. „Datenschutz und Energieberatung können durchaus harmonisch gelingen“, sagt Gayk. „Das sollte aber von Anfang an gut geplant werden.“
Anlass für Gayks Hinweise ist der Fall eines Versorgungsunternehmens, dessen entsprechenden Pläne von der Landesdatenschutzbeauftragten geprüft worden sind. „Grundsätzlich sind das Einsparen von Energie und deren optimierte Nutzung bedeutende gesellschaftliche und umweltpolitische Themen. Neuartige Methoden können dabei eine wichtige Hilfe sein“, betont die Beauftragte. Datenschutzrechtlich sei bei der Umsetzung jedoch einiges zu bedenken. „Durch die Kamerafahrten, die spätere Auswertung der Bilder, die Zusammenfassung mit frei verfügbaren weiteren Daten sowie die Darstellung auf einer Wärmelandkarte werden sowohl personenbezogene Daten erfasst als auch verarbeitet.“
Für eine datenschutzkonforme Umsetzung solcher Vorhaben ist deshalb laut Gayk entscheidend, dass verschiedene Aspekte Berücksichtigung finden:
- Unternehmen können durchaus Gebäudefassaden mittels Thermokamera erfassen und Bildaufnahmen von öffentlichem Straßenraum publizieren – ohne dass dafür die Einwilligung betroffener Personen erforderlich wäre. Dabei ist aber eine umfassende Interessenabwägung unumgänglich. Diese sollte dokumentiert werden. Darüber hinaus sind Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um die Sicherheit von personenbezogenen Daten zu gewährleisten.
- So muss im Vorfeld der Kamerafahrten, die etwa durch ein spezielles Fahrzeug erfolgen, umfassend informiert werden über das geplante Projekt, die Kamerafahrten (möglichst mit einem genauen Zeitfenster, in dem diese stattfinden sollen), über die Erfassung und weitere Verarbeitung der Bilder, aber auch über Widerspruchsmöglichkeiten und Ansprechpartner*innen. Diese Informationen sollten sowohl breit gestreut werden mittels Zeitung, Sozialer Medien, Funk und Fernsehen, als auch direkt, etwa über Postwurfsendungen, Handzettel und Aushänge vor Ort.
- Auch wenn nur sogenannte Thermokameras eingesetzt werden, die keine Gesichter, Hausnummern oder Kfz-Kennzeichen erfassen, sollten nur die reinen Straßenansichten der Gebäude aufgenommen werden und allein diese Werte in die Wärmelandkarte einfließen. Drohnenbilder oder Filme von Privatbereichen der Gebäude – z.B. Terrassen- und Balkonaufnahmen – sind tabu. Durch diese Einschränkungen sind die Gefahren für die Erfassung personenbezogener Daten im Rahmen der Kamerafahrten deutlich reduziert. Allerdings ist auch in diesem Projektschritt darauf zu achten, dass möglichst wenige personenbezogene Daten durch die Kameras erhoben werden. Denn bei der Vorbeifahrt des Kamerafahrzeugs könnten etwa auch unbeteiligte Dritte mit ihren Körpermerkmalen erfasst werden. Sollte es zu Aufnahmen von Personen oder Fahrzeugen kommen, so sind diese unverzüglich zu löschen oder nachhaltig zu schwärzen. Für die energetische Bewertung der Gebäudefronten sind derartige Aufnahmen nicht weiter von Belang und deren Vorhalten oder gar die weitere Verarbeitung grundsätzlich datenschutzwidrig.
- Notwendig ist auch, die Anzahl der Gebäude sorgfältig auszuwählen, die für die öffentlich einsehbare Wärmelandkarte zusammengefasst werden und deren energetischer Stand kumuliert angezeigt wird. Denn je nach Wohngebiet lassen sich ansonsten trotzdem Rückschlüsse auf den energetischen Zustand einzelner Gebäude oder Wohnungen ziehen. So kann es sein, dass etwa in einem Gebiet mit Einfamilienhäusern durchaus mehr Gebäude zu einer Einheit auf der Wärmelandkarte zusammengefasst werden müssen, als dies etwa bei einer zusammenhängenden Bebauung der Fall wäre. Auf einer eng bebauten Strecke, sind die einzelnen Streckenabschnitte weniger leicht rekonstruierbar, als dort wo bei großen Gebäudeabständen leicht erkennbar ist, welche drei Gebäude zusammengefasst wurden.
- Ein weiterer wichtiger Punkt zum Schutz der Daten von Eigentümer*innen ist das umfassende, voraussetzungslose und zu jeder Zeit mögliche Widerspruchsrecht gegen die Datenverarbeitung. Sollte der Widerspruch erst nach Erstellung der Wärmebildaufnahmen erfolgen, so ist die bis dahin erfolgte Verarbeitung rückgängig zu machen und sind die entsprechenden Daten unwiderruflich zu löschen.
- Der Betreiber einer Wärmelandkarte sollte wissen, dass er verpflichtet ist, die Aktualität der entsprechenden Daten sicherzustellen. Denn folgen auf die energetischen Erhebungen später entsprechende Sanierungsarbeiten, ändern sich womöglich die Grunddaten zu einzelnen Immobilien erheblich. Dies kann wiederum Einfluss auf die Daten in der Wärmelandkarte haben. Neben dem allgemeinen Interesse an der Richtigkeit der öffentlichen Wärmelandkarte dürften betroffenen Eigentümer*innen ein nicht unerhebliches Eigeninteresse an der korrekten Darstellung der kumulierten Einheit haben.
„Eine sorgfältige Planung im Vorfeld und eine hohe Transparenz der Datenverarbeitung stehen nicht nur im Einklang mit dem Datenschutz. Sie können auch zur Akzeptanz des geplanten Projekts beitragen und etwaige Beschwerden im weiteren Verfahren reduzieren“, betont die Datenschutzbeauftragte abschließend.