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Datenschutzbeauftragte: Landesregierung muss Polizeivorschriften grundlegend überarbeiten

Das Bundesverfassungsgericht hat vor wenigen Tagen bekannt gegeben, dass Überwachungsbefugnisse im Polizeigesetz von Nordrhein-Westfalen in Teilen verfassungswidrig sind und überarbeitet werden müssen. Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in NRW, Bettina Gayk, rät der Landesregierung, dies zum Anlass zu nehmen, gleich weitere Schwachstellen des Gesetzes zu beheben.

07.01.2025

„Das Bundesverfassungsgericht hat bereits wiederholt Entscheidungen zu Polizeigesetzen anderer Länder oder zu Bundesgesetzen getroffen, die Änderungen auch bei den Befugnissen der Polizei in Nordrhein-Westfalen verlangen“, betont Gayk. Dies gelte beispielsweise für Datenanalyseverfahren. Außerdem bedürfe es Nachbesserungen bei der Überprüfung von Unternehmer*innen und deren Mitarbeiter*innen auf Großveranstaltungen. „Diese rechtlichen Lücken im Datenschutz müssen dringend mit geschlossen werden“, fordert Gayk. 

In seiner jüngsten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Vorschriften im Polizeigesetz NRW, die eine längerfristige Observation unter Anfertigung von Bildaufnahmen und -aufzeichnungen zulassen, mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, weil die Eingriffsschwelle für solche tiefen Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte nicht bestimmt genug geregelt sei und höher angesetzt werden müsse. Erforderlich sei, so das Gericht, eine konkrete oder eine wenigstens konkretisierte Gefahr. Bis Ende 2025 hat die Landesregierung nun Zeit, das Polizeigesetz NRW entsprechend anzupassen. Bis dahin darf die Polizei Verdächtige nur noch längerfristig per Bildaufnahme observieren, wenn eine wenigstens konkretisierte Gefahr besteht. Das Gerichtsverfahren betrieben hatte eine Frau, deren Daten bei einer Überwachung eines so genannten Gefährders miterhoben worden waren. Dabei gehörte sie selbst nicht zum Kreis der als gefährlich eingestuften Personen.  

Die Landesbeauftragte begrüßt die Entscheidung und weist zudem darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht bereits im Dezember 2022 Teile des Polizeigesetzes von Mecklenburg-Vorpommern für verfassungswidrig erklärt hatte. Auch daraus ergäbe sich Anpassungsbedarf für NRW. So müssten unter anderem jene Regeln angepasst werden, die den Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung betreffen. 

Gleiches gelte für ein Urteil des Verfassungsgerichts zu polizeilichen Datenanalyseverfahren aus Februar 2023. Darin macht das Gericht Vorgaben, unter welchen Voraussetzungen die Polizei Datenanalysen durchführen darf. „Die entsprechende Norm für NRW entspricht diesen Vorgaben nicht“, so Gayk in Richtung des für eine Neuregelung zuständigen NRW-Innenministeriums. 

Auch aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem vergangenen Jahr zu den Befugnissen des Bundeskriminalamts sollten Konsequenzen gezogen werden. In NRW regelt nur eine Verwaltungsvorschrift das Wesentliche zur Aufbewahrung von Daten zu einer Person, gegen die beispielsweise ein Strafverfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt worden ist. „Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu aber deutlich darauf hingewiesen, dass dies im Gesetz selbst geregelt werden muss. Insbesondere sollte ausdrücklich gesetzlich festgelegt werden, dass neben einem bestehenden Restverdacht eine negative Prognose zu der Person getroffen wird, deren Daten weiterhin gespeichert werden sollen“, mahnt die Landesbeauftragte. 

Schließlich sieht Gayk Handlungsbedarf bei einer speziellen Regelung im Polizeigesetz NRW, die Großereignisse wie Sportturniere oder einige exponierte Konzerte und Festivals betrifft. Es fehle eine ausdrückliche Regelung, die der Polizei in bestimmten Fällen erlaube, die dort tätigen Unternehmer*innen oder deren Helfer*innen auf mögliche von diesen ausgehenden Gefahren zu überprüfen. „Bislang arbeitet die Polizei hier lediglich mit Einwilligungen der betroffenen Personen. Dies ist in vielen dieser Konstellationen jedoch nicht ausreichend“, erklärt Gayk.