Glückspieler*innen, die bei lizenzlosen Anbieter*innen aus dem EU-Ausland gezockt haben, setzen zunehmend auf mögliche Verstöße gegen das Datenschutzrecht, um ihre Spieleinsätze zurückzubekommen. Die LDI NRW erhält zurzeit eine Vielzahl solcher Beschwerden, vorwiegend gegen Unternehmen mit Sitz in Malta. Doch die Aussichten, auf diesem Weg schnell ans Geld zu kommen, sind gering, erklärt die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in NRW, Bettina Gayk.
„Wir haben bereits einige Beschwerden an die maltesischen Kolleg*innen weitergereicht. Aktuell sammeln wir vergleichbare Beschwerden und leiten sie dann in gebündelter Form an die Datenschutzaufsicht in Malta weiter.“
Einsender erhalten derzeit nur einen Zwischenbescheid. „Maßgebend für unser weiteres Tätigwerden ist eine Entscheidung der maltesischen Datenschutzaufsichtsbehörde in den entsprechenden Fällen. Sobald uns diese vorliegt, werden wir auf die Einsender wieder zukommen“, so Gayk.
Die Beschwerden haben vor allem eins gemeinsam: die Einreicher*innen machen geltend, dass Auskünfte über Spieleinsätze nicht im gewünschten Umfang oder nicht innerhalb der gesetzlichen Monatsfrist erteilt wurden. Mit der Auskunft wollen die Spieler*innen einen Nachweis über ihre Einsätze der vergangenen Jahre erhalten, um die Gelder dann bei den Anbieter*innen zurückzufordern. Die maltesischen Unternehmen haben ihre Glücksspiele meist ohne die erforderliche Lizenz auf dem deutschen Markt angeboten. Sie verweigern jedoch seit einigen Monaten die Herausgabe von Transaktionsdaten unter Hinweis auf ein neues maltesisches Gesetz.
„Wir haben in den letzten Monaten zahlreiche Beschwerden an die maltesische Aufsichtsbehörde weitergeleitet. Auch die Aufsichtsbehörden der anderen Bundesländer sowie der europäischen Nachbarländer haben ähnlich lautende Beschwerden eingereicht", so Gayk.
Tatsächlich legt die höchstrichterliche Rechtsprechung in Deutschland nahe, dass Spielverträge mit Unternehmen ohne die erforderliche Lizenz auf dem deutschen Markt als nichtig anzusehen sind. Wetteinsätze könnten also aufgrund zivilrechtlicher Ansprüche zurückverlangt werden.
Trotzdem sind Rückforderungen schwierig durchzusetzen, insbesondere über das Datenschutzrecht, erklärt die Beauftragte. Zwar wird Betroffenen dort die Möglichkeit eingeräumt, Auskünfte auch dann zu verlangen, wenn sie der Vorbereitung eines Gerichtsverfahrens dienen und weniger der Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit gespeicherten Daten. Die EU-Mitgliedstaaten können dazu jedoch Ausnahmeregeln erlassen. So hat Malta geregelt, dass Unternehmen berechtigt sind, Auskünfte zu verweigern, wenn dies eine notwendige Maßnahme darstellt für die Verteidigung von Rechtsansprüchen und für Gerichtsverfahren. Die Frage, ob das maltesische Gesetz im Einklang mit dem europäischen Datenschutzrecht steht, wird derzeit vor dem maltesischen Datenschutzgericht geklärt. Bis dahin will die maltesische Datenschutzaufsichtsbehörde keine Sanktionen gegen die Glücksspielunternehmen verhängen.
Im Oktober 2024 hat sie den deutschen Aufsichtsbehörden allerdings mitgeteilt, dass sie das Verweigern der Auskunft jedenfalls dann für rechtswidrig hält, wenn noch keine Klage auf Rückzahlung eingereicht wurde. Sie hat die Unternehmen deshalb angewiesen, in diesen Fällen die Auskunft zu erteilen. Dem kämen die Verantwortlichen jedoch nur bei sehr geringen Wetteinsätzen nach.
Gayk weist Betroffene außerdem darauf hin, dass selbst bei Erhalt der gewünschten Auskunft eine Rückzahlung eingezahlter Gelder kein Selbstläufer sei. Derzeit klagen Spieler*innen in ganz Deutschland auf die Rückzahlung von Einsätzen gegen Anbieter*innen, die bis 2021 keine gesamtdeutsche Zulassung hatten. „Die Erfolgsaussichten dieser noch anhängiger Klagen sind aber offen“, sagt Gayk. So habe der Bundesgerichtshof in bisherigen Verfahren speziell zu Sportwetten zwar bestätigt, dass Spieler*innen unter bestimmten Voraussetzungen ihre Verluste zurückfordern könnten. Gleichzeitig hat er aber den Europäischen Gerichtshof eingeschaltet und die Frage vorgelegt, ob womöglich die europäsiche Niederlassungsfreiheit ausschließt, dass Sportwettenverträge als nichtig angesehen werden, wenn die beantragte deutsche Konzession europarechtswidrig nicht erteilt wurde. Dieses Urteil steht noch aus.
Und es gibt noch eine weitere Hürde für die Glücksspieler*innen, auf die die Beauftragte hinweist: Im Juni 2023 hat das Parlament in Malta ein Gesetz verabschiedet, das die heimische Glücksspielindustrie vor Schadensersatzklagen aus dem Ausland schützen soll. „Das Gesetz sieht vor, dass Gerichte in Malta künftig Gerichtsurteile aus dem Ausland nicht mehr vollstrecken dürfen, wenn die beklagten Firmen eine maltesische Glücksspiellizenz besitzen und die örtlichen Regularien befolgen“, erläutert Gayk. „Es ist wichtig, dass sich die Betroffenen all das bewusst machen, bevor sie Beschwerde einreichen.“