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Datenschutzbeauftragte legt neuen Bericht für NRW vor: „Rekord-Eingaben belegen starkes Bedürfnis nach Datenschutz“

„Zu oft höre ich, der Datenschutz sei hinderlich oder werde zu wichtig genommen. Die Menschen aber wollen, dass ihre Daten geschützt sind und müssen mit ihrem Anliegen auch politisch ernst genommen werden.“ Dies hat die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit in NRW, Bettina Gayk, bei der heutigen Vorstellung des 30. Tätigkeitsberichts ihrer Behörde hervorgehoben. 

10.06.2025

Künstliche Intelligenz, Videoüberwachung oder die Datennutzung für Werbezwecke sind nur einige der Themen, mit denen die Bürger*innen an ihre Behörde herangetreten sind. Auch smarte Rauchwarnmelder mit Klimamonitoring-Funktion, die das Unternehmen Vonovia in seine Wohnungen einbaut, haben viele Mieter*innen verunsichert. „Inzwischen konnten wir mit dem Unternehmen klären, dass die Funktion nicht eingeschaltet werden darf, wenn die Wohnungsbesitzer*innen keine Einwilligung dazu erteilt haben“, zeigte sich Gayk zufrieden. Im Schulbereich trägt die LDI NRW darüber hinaus dazu bei, mehr Sicherheit im Umgang mit digitalen Anwendungen zu schaffen. Das Forschungsprojekt DIRECTIONS, das die datenschutzgerechte Zertifizierung von Schulprogrammen erreichen will, wird von der LDI NRW eng begleitet. Sie ist die zuständige Aufsichtsbehörde bei der Genehmigung der Zertifizierungskriterien. Das Genehmigungsverfahren steht kurz vor dem Start. „Das ist für Schulen bei der Auswahl ihrer Lernmittel eine wichtige Unterstützung“, betont Gayk. „Und wir können damit für ganze Verfahren Rechtssicherheit erreichen.“

In ihrem Bericht kritisiert Gayk aber auch Pläne in der Politik, den Datenschutz im Wirtschaftsbereich zu zentralisieren und im Sicherheitsbereich zurückzufahren. „Der im neuen Bericht dokumentierte Eingaben-Rekord bei meiner Behörde ist ein klarer Beleg dafür, dass solche Vorhaben in die falsche Richtung gehen. Das ist weder im Sinne der Bürger*innen und Unternehmen noch im Interesse des Landes. Die Datenschutzaufsicht nah an der lokalen Wirtschaft hat sich seit Jahrzehnten bewährt und trägt auch den Bedürfnissen der Menschen im Land Rechnung“, so Gayk.

Einer ihrer Hauptkritikpunkte ist die von der neuen Bundesregierung geplante Zentralisierung von Kompetenzen der Datenschutzaufsicht über den Unternehmensbereich bei der Bundesdatenschutzbeauftragten. Bisher liegt die Aufsicht bei den jeweiligen Landesdatenschützer*innen. „Dieses Vorhaben führt weder zu Bürokratieabbau noch zu Kosteneinsparungen“, betont Gayk. Sie verweist dazu auf die aktuellen Zahlen ihrer Behörde, wonach die LDI NRW im vergangenen Jahr 12.490 Eingaben zu verzeichnen hatte. Nur 2019 gab es ähnlich viele. Ein großer Teil davon betrifft den Wirtschaftsbereich. „Angesichts dieser Zahlen, die allein NRW betreffen, müssten bei der Bundesdatenschutzbeauftragten ganze Abteilungen neu aufgebaut werden. Gleichzeitig würden gewachsene Strukturen auf Landesebene zerschlagen. Das kann niemand ernsthaft wollen“, kritisiert Gayk. 

Laut der Landesbeauftragten wird übersehen, dass die deutsche Wirtschaft zu 99 Prozent aus kleineren und mittleren Unternehmen besteht, die oft auch nur in einem Bundesland ansässig sind. „Für diese Unternehmen gibt es schon eine zentrale Anlaufstelle, nämlich die jeweilige Landesaufsicht, und die ist ortsnah.“ Mit einem Wechsel zu einer Bundesbehörde verlören die Unternehmen die wichtige leicht zugängliche Beratung, gibt Gayk zu bedenken. „Was sie stattdessen bekommen würden: lange Wege, Anonymität und das Untergehen in der Masse.“

Dass Ortsnähe sich im Datenschutz auszahlt, belegen auch viele Fälle im aktuellen Bericht, in denen die LDI NRW Bürger*innenrechte durchsetzen konnte. So deckte die LDI NRW die rechtswidrige Praxis von elf Versicherungsunternehmen in NRW auf, die illegal sensible Gesundheitsdaten untereinander ausgetauscht hatten. Dieses Vorgehen hat die LDI NRW ebenso unterbunden wie daran mitgewirkt, den heimlichen Einsatz von Emotionserkennungssoftware gegenüber Anrufer*innen und Beschäftigten durch einen Callcenter-Betreiber aus NRW zu beenden. Der Vorteil der Standortnähe machte sich auch Anfang dieses Jahres bezahlt, als die LDI NRW zügig die Praxis des in NRW ansässigen Unternehmens WetterOnline stoppen konnte, ohne wirksame Einwilligung genaue Standortdaten seiner Nutzer*innen an Dritte weiterzugeben. „Die schnelle Vor-Ort-Kontrolle war hier besonders hilfreich, da das Unternehmen die nicht datenschutzkonforme Handhabung bestritten hatte“, berichtet Gayk.  

Die Landesbeauftragte warnt in ihrem neuen Bericht zudem vor einem Abbau des Datenschutzes zugunsten neuer Sicherheitsgesetze, die im Bund wie in NRW im Gespräch sind. Besorgniserregend sei neben der Idee, KI zur Gesichtserkennung einzusetzen, der in NRW ins Spiel gebrachte Zugriff des Verfassungsschutzes auf private Videoüberwachungsanlagen. „Von privater Videoüberwachung wie etwa im öffentlichen Nahverkehr oder an Tankstellen sind täglich Millionen Menschen betroffen, die für ein Tätigwerden von Sicherheitsbehörden keinen Anlass gegeben haben. Wenn diese Menschen künftig hinter jeder privaten Kamera den mitbeobachtenden Verfassungsschutz vermuten müssen, ist das ein nicht gerechtfertigter massiver Eingriff in bürgerliche Freiheitsrechte.“  

Mit der schwarz-grünen Landesregierung zeigt sich Gayk ansonsten weitgehend zufrieden. In einigen Fällen, die ebenfalls im neuen Bericht aufgeführt sind, sieht sie allerdings Handlungsbedarf. So blockiert das Justizministerium trotz eindeutiger Rechtslage weiterhin die datenschutzrechtliche Kontrolle der Staatsanwaltschaften und stellt die Befugnis der LDI NRW in Frage, zu diesem Zweck Akten bei den Strafverfolgungsbehörden anzufordern. „Dies ist eine nicht hinnehmbare Missachtung meiner Unabhängigkeit“, betont Gayk. 

Luft nach oben sieht sie darüber hinaus im Bereich der Informationsfreiheit. Hier fehlt es weiter an einer erkennbaren Entwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes NRW hin zu einem echten Transparenzgesetz. Gayk: „Der Landesregierung sollte eigentlich an einer proaktiven und transparenten Informationspolitik ihrer Verwaltung gelegen sein. Sie stärkt das Vertrauen der Bürger*innen in den Staat und die Demokratie.“

Der Bericht ist abrufbar unter www.ldi.nrw.de/bericht2025 und kann unter www.ldi.nrw.de/berichte bestellt werden.