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Zuständigkeit der LDI NRW bezüglich der Tätigkeit von Gerichten

Informationen zur Kontrollzuständigkeit über die Justizverwaltung.

 

Wir kontrollieren den datenschutzgerechten Umgang öffentlicher Stellen des Landes mit personenbezogenen Informationen und unterstützen Bürger*innen auch beim Schutz ihrer Daten vor unbefugter Kenntnisnahme und Übermittlung. Nach Art. 55 Abs. 3 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) sind die Datenschutzaufsichtsbehörden jedoch nicht zuständig für solche Verarbeitungen personenbezogener Daten, die von Gerichten im Rahmen ihrer justiziellen Tätigkeit vorgenommenen wurde.

Hintergrund ist das Rechtsstaatsprinzip, welches die Gewaltenteilung zwischen Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung vorsieht. Bezüglich der Rechtsprechung ist daher in Art. 97 Grundgesetz (GG) die richterliche Unabhängigkeit festgelegt.

Dementsprechend finden auch die die DS-GVO ergänzenden Vorschriften des Datenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (DSG NRW), einschließlich der Bestimmung über die Kontrollzuständigkeit der LDI NRW (§ 26 DSG NRW), auf Gerichte nur insoweit Anwendung, wie diese Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (§ 5 Abs. 4 DSG NRW). Das DSG NRW gilt damit nicht im Bereich der spruchrichterlichen Tätigkeit. Durch diese Regelungen sind Gerichte somit in großem Umfang der Datenschutzkontrolle durch die LDI NRW entzogen. Für Strafgerichte gilt das Vorstehende nach § 60 Abs. 1 DSG NRW entsprechend.

Gerichtliche Verwaltungstätigkeit und spruchrichterliche Tätigkeit

Die Abgrenzung von Verwaltungstätigkeiten der Gerichte einerseits und der spruchrichterlichen Tätigkeit andererseits ist in der Praxis nicht immer einfach. Grundsätzlich ist jegliche Tätigkeit des Gerichts Verwaltungstätigkeit, die nicht auf die Förderung einer richterlichen Entscheidung in einer konkreten Rechtssache sowie deren unmittelbare Abwicklung gerichtet ist.

Dabei ist spruchrichterliche Tätigkeit jedoch nicht nur dann gegeben, wenn Richterinnen und Richter selbst handeln. Sofern Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gerichts auf konkrete oder generelle Anweisung des zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers tätig werden, die der Förderung der Entscheidung einer konkreten Rechtssache oder deren unmittelbarer Abwicklung dient, sind diese Tätigkeiten auch der spruchrichterlichen Tätigkeit zuzuordnen. Hierzu gehören typischerweise Handlungen der Geschäftsstelle. Wird das dortige Personal somit als „verlängerter Arm des Gerichts“ zur Förderung der Entscheidung einer konkreten Rechtssache tätig, erfolgt ebenfalls eine Zuordnung zur spruchrichterlichen Tätigkeit, da die Tätigkeit auf einer Entscheidung des Spruchrichters beruht.

Verwaltungstätigkeit ist demgegenüber insbesondere bei nach innen gerichteten Tätigkeiten des Gerichts gegeben. Hierzu gehören beispielsweise Personalverwaltung und Beschaffung. Auch fällt sogenanntes Justizverwaltungshandeln in den Bereich der Verwaltungstätigkeiten. Beispiele für Justizverwaltungshandeln sind u. a. die gerichtliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie die Verwaltung abgeschlossener Rechtssachen und Entscheidung über diesbezügliche Akteneinsichtsgesuche.

Eine Übersicht zu häufig auftretenden Abgrenzungsfälle Verwaltungsaufgaben und rechtsprechender Tätigkeit finden Sie unten.

Zwar unterliegt spruchrichterliche Tätigkeit der Gerichte mit Rücksicht auf die richterliche Unabhängigkeit (Art. 97 GG) nicht unserer datenschutzrechtlichen Kontrolle. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Rechtsprechungstätigkeit von den datenschutzrechtlichen Anforderungen ausgenommen wäre. Vielmehr sind auch Gerichte an die europa- und verfassungsrechtlichen Grundsätze des Datenschutzes sowie das diese ausgestaltende nationale Recht (das Bundesdatenschutzgesetz – BDSG – und bereichsspezifisches Prozessrecht, wie beispielsweise die Zivilprozessordnung) gebunden. Im Übrigen müssen nach §§ 5 f. BDSG auch bei Gerichten Datenschutzbeauftragte bestellt werden, die Richter*innen bei datenschutzrechtlichen Fragen berät.

Übersicht häufig auftretender Abgrenzungsfälle Verwaltungsaufgaben und rechtsprechender Tätigkeit


 

Verwaltungsaufgaben (inkl. Justizverwaltung)

d.h. Kontrollzuständigkeit LDI NRW gegeben

Justizielle Tätigkeit

d.h. Kontrollzuständigkeit LDI NRW nicht gegeben

Gebäudeverwaltung Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans durch das Präsidium
Personalverwaltung Aufnehmen und Beurkunden von Klagen, Anträgen oder Erklärungen durch Urkundsbeamten der Geschäftsstelle
Beschaffung von Sachmitteln Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens (Strafverfahren)
Hausorganisation (interne Verfügungen und die Festlegung von allgemeinen Verfahrensweisen) Terminsbestimmung, Ladung von Beteiligten, Zeugen, Sachverständigen und ehrenamtlichen Richtern, etc. (inkl. Bestimmung des Umfangs der Informationen auf dem Aushang am Gerichtssaal)
Verteilung der Sitzungssäle auf die einzelnen Spruchkörper Durchführung der mündlichen Verhandlung/ Hauptverhandlung inkl. Maßnahmen der
Sitzungspolizei
EDV-Einrichtung Führung der Prozessakten im laufenden Verfahren (inkl. der Entscheidung, eingereichte Dokumente zu den Prozessakten zu nehmen oder zu entfernen)
Haushalt (Finanzen) Einholung von Auskünften, Anforderung von Akten bei anderen Gerichten, Behörden oder sonstigen Stellen
Öffentlichkeitsarbeit/ Presseauskünfte des Gerichtspräsidenten, einer gerichtlichen Pressestelle und des entscheidenden Gerichts selbst prozessfördernde und - leitende Verfügungen, Sachverhaltsermittlung im Bereich der Amtsermittlung
Verwaltung von Akten abgeschlossener Verfahren Entscheidungen über Akteneinsicht zu Prozessführungszwecken betreffend dieses Verfahren (bspw. § 299 Abs. 1 ZPO)
Entschädigung der ehrenamtlichen Richter Urteils- / Beschlussverkündung inkl. Beratung, Entscheidungsfindung und Erstellung
Entscheidung (des LGPräs.) über Aufnahme/Streichung aus der Dolmetscherliste Beweisanordnungen, Versenden von Akten an Sachverständige zur Vorbereitung eines Gutachtens, Entscheidung über die Herausgabe von Beweismitteln
Ausübung der Dienstaufsicht Sicherungsverfügungen
Bearbeitung von Eingaben und Dienstaufsichtsbeschwerden Entscheidung über Antrag des mittellosen Angeklagten auf Bewilligung eines Vorschusses für die notwendigen Kosten der Reise zur Hauptverhandlung
Stundung, Erlass und Niederschlagung von Gerichtskosten Ermittlung der Vermögensverhältnisse von betreuten Personen (bspw. mit dem Formular BS 10) durch das Betreuungsgericht für Zwecke des Betreuungsverfahrens
Veröffentlichung von Gerichtsurteilen (nicht Anonymisierung) Anonymisierung von Gerichtsurteilen
Gewährung von Einsicht in und Erteilung von Auskünften bzw. Abschriften aus dem Grundbuch, Schuldnerverzeichnis, Vereins-, Handelsregister Führung des Grundbuchs, des Schuldnerverzeichnisses, des Vereins- und Handelsregisters sowie der Insolvenzbekanntmachungen.de
Ausbildung von Referendaren, soweit diese nicht in Rechtspflegetätigkeiten eingebunden
sind
Ausbildung der Referendare, soweit diese in die rechtsprechende Tätigkeit eingebunden sind
Entscheidungen über Hausverbote Berechnung und Festsetzung der gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten inkl. Versendung der Kostenbescheide
Justizbeitreibung Tätigkeiten der Rechtspfleger, soweit der ihnen zur unabhängigen Erfüllung zugewiesene Aufgabenbereich betroffen ist
Entscheidungen über Akteneinsicht durch den Gerichtsvorstand (bspw. § 299 Abs. 2 ZPO) Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) und Führung des PKH-Hefts
Erteilung von Ehefähigkeitszeugnissen  
Erlaubnisse nach dem Rechtsberatungsgesetz  
Datenübermittlungen nach §§ 13 f. EGGVG (auch während schwebendem Verfahren)  
Eintragungen im Bundeszentralregister  
Entscheidungen im Rahmen von Rechtshilfeverkehr mit dem Ausland  
Gnadenwesen  
Tätigkeiten des Ambulanten Sozialen Dienstes  
Tätigkeiten von Schiedspersonen (diese sind nicht "Gericht")  
Notarbestellung und -aufsicht  
Übersendung des Ergebnisses von Asylverfahren an die Ausländerbehörde nach § 83a AsylG  

Tätigkeiten der Geschäftsstelle sind justizielle Tätigkeit, soweit sie die spruchrichterliche (d. h. die auf die Entscheidung einer konkreten Rechtssache gerichtete) Tätigkeit des Gerichts konkret oder allgemein unterstützen, sie also als "verlängerter Arm" des zur Entscheidung berufenen Spruchkörpers tätig wird.